Jens Harry Detzer, Dr. phil.

Assoziiertes Mitglied im Forschungskolleg Franken

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Jens Harry Detzer, Dr. phil.
Forschungskolleg Franken
am Institut für Fränkische Landesgeschichte
Marktplatz 1
95349 Thurnau
E-Mail: jens.detzer@uni-bayreuth.de

Jens Harry Detzer, M.A.

Promotionsprojekt

in der Fränkischen Landesgeschichte
Betreuer: Prof. Dr. Martin Ott

Mit vereinten Kräften. Die standesherrlichen Beamtenkonferenzen in Bayern und der Verein der deutschen Standesherren im 19. Jahrhundert.

Seit etwas mehr als einem Jahrzehnt erlebt die Adelsforschung einen wahren Aufschwung. Zahlreiche Monographien und Sammelbände belegen diesen Trend. Dabei zeigt sich jedoch, dass noch immer keine systematische Aufarbeitung der vielfältigen Adelserscheinungen möglich ist. Die Forschungsarbeiten orientieren sich meist an biographischen Daten einer herausragenden Persönlichkeit, oder zeichnen den Weg eines Hauses durch die Geschichte nach. Eine erfreulich Ausnahme bildet das bis heute gültige Standardwerk über die Standesherren von Heinz Gollwitzer. Der prosopographische Ansatz, also die Untersuchung des Adels als Gruppe, scheitert oft am Fehlen einer gemeinsamen Klammer. Was verbindet eine katholische, eher nach Österreich orientierte hochadelige Familie aus dem südlichen Baden mit einer protestantischen, preußenfreundlichen Familie aus Oberfranken? Der Verein der deutschen Standesherren und die standesherrlichen Beamtenkonferenzen könnten eine solche Klammer sein, um die deutschen Standesherren als Gruppe näher zu untersuchen.

Als „deutsche Standesherren” wurde derjenige Adel bezeichnet, der während den Napoleonischen Kriegen seine Landeshoheit verloren hat und von seinen Nachbarn einverleibt wurde. Um in diese neugeschaffene Kategorie zu fallen, musste neben der vormaligen Reichsunmittelbarkeit auch die Vertretung am ehemaligen Reichstag in Regensburg nachgewiesen werden. Darunter waren viele prominente Namen wie das Haus Hohenlohe, Fürstenberg oder Schönborn. Der Wiener Kongress sicherte ihnen 1815 zahlreiche Vorrechte zu, die durch einzelstaatliche Verfassungen festgeschrieben wurden. Als aber mit der Revolution von 1848/49 einige Rechte aufgehoben wurden, wuchs der Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit, um die verbliebene Vorzugsstellung zu verteidigen. Es ist daher kein Zufall, dass die Gründung des Vereins (1863) in die Zeit des preußisch-österreichischen Dualismus fiel. Die Anfänge der Konferenz der standesherrlichen Beamten in Bayern gehen sogar weiter zurück (1856). Auch in anderen Bundesgliedern wurden im Laufe der Zeit solche Konferenzen eingerichtet.

Dieses Umdenken im Hinblick auf eine engere Zusammenarbeit fand vor dem Hintergrund eines durch die Industrialisierung ausgelösten Transformationsprozesses statt. Die einstige Ständeordnung wich einer zunehmend arbeitsteiligen, pluralistischen Leistungsgesellschaft. Der Adel verlor die Grundlagen seines althergebrachten Auskommens und sah sich einem stärker werdenden Legitimierungs- und Modernisierungsdruck ausgesetzt, der schließlich zu einem Funktionswandel in der Gesellschaft führte. Dabei versuchten sie einerseits ihre Identität in einer sich verändernden Gesellschaft zu bewahren und andererseits den Ansprüchen der Moderne zu genügen.

Die Themenfelder des Vereins und der Konferenz bilden deshalb ein beachtliches Spektrum ab. Im Sinne des französischen Soziologen Pierre Bourdieu können den Standesherren verschiedene Kapitalformen zugeschrieben werden. Neben der politischen Dimension finden sich soziale, ökonomische und kulturelle Aspekte. Zusammen ergeben die Themen ein umfassendes Bild darüber, wie durch den gesellschaftlichen Strukturwandel hindurch traditionelle Elemente erhalten blieben und gleichzeitig Anpassungsprozesse an die Herausforderungen der Zeit positiv bewältigt wurden. Die Arbeit beschäftigt sich neben den Organisationsstrukturen auch mit Strategien und Austauschprozessen der standesherrlichen Verwaltungen. Dabei rücken Fragen der Alltagsbewältigung, der Modernisierung, der Erhaltung und Neuerfindung dessen, was standesherrliches Leben zum Ende des 19. Jahrhunderts ausmachte, ins Zentrum der Untersuchung.

Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte

  • Deutscher Bund und Deutsches Kaiserreich
  • Bayerische und Fränkische Landesgeschichte
  • Standesherren und Adelsgeschichte
  • Sozial- und Kulturgeschichte
  • Industrialisierung und Wirtschaftsgeschichte
  • Rechtsgeschichte
  • Archivwesen

Vita

Seit 2021Assoziiertes Mitglied des Forschungskollegs Franken am Institut für Fränkische Landesgeschichte
Archivar im Fürstlich Salm-Salm’schen Archiv in der Neuen Orangerie bei der Wasserburg Anholt
2018–2021Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungskolleg Franken am Institut für Fränkische Landesgeschichte (Universität Bayreuth/Universität Bamberg)
2016–2017Nebenberuflicher wissenschaftlicher Mitarbeiter am Universitätsarchiv Würzburg bei Dr. Marcus Holtz
2014–2017Master Geschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg mit Schwerpunkt auf die Fränkische Landesgeschichte sowie der Adels- und Wirtschaftsgeschichte im 19. Jahrhundert
2010–2014Zwei-Hauptfach Bachelor Geschichte/ Europäische Ethnologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg mit Schwerpunkt auf der Bayerischen Landesgeschichte und den Deutschen Bund

Publikationen

  • Faber und Castell – eine passende Verbindung? Das Problem von unebenbürtiger Heirat und die Zulassung standesherrlicher Schiedsgerichte am Beispiel der Gerichtsprozesse zwischen Wolfgang Graf zu Castell-Rüdenhausen und den Häuptern beider Linien zu Castell, Hamburg 2018